Eine Zeitreise durch die Geschichte des Bades

Wer hat’ s erfunden – das Badezimmer zumindest im Ansatz wie wir es heute kennen? Die Spur zurück führt uns nach Mesopotamien, dem Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris. In dem wichtigen kulturellen Entwicklungszentrum der Menschheit wurden vor rund 2.700 Jahren die ersten Badeanlagen erbaut. So fand man in der Stadt Mari (heute Tell Hariri, Syrien) in den Privaträumen einer Herrscherin ein Badezimmer mit einem Ofen zum Erwärmen von Wasser, zwei kleine, halb in den Boden eingelassene Badewannen aus Ton sowie eine Art Dusche.


Reinigen und reden

Um etwa 400 v. Chr. wurde die Badkultur maßgeblich von den Griechen und Römern weiterentwickelt. Dabei war die sorgfältige Reinigung nicht nur vor Gebeten und Opfergaben obligatorisch. Bürger nutzen gerne Dampf- und Heißluftbäder, um sich von Schmutz zu befreien – gerne im gemeinsamen Ritual. Neben der Reinigung hatten die griechischen Badeanstalten und römischen Thermen wichtige soziale und kommunikative Funktionen. In Griechenland wurden verschiedene Badräume gefunden mit bis zu 22 Sitzwannen! Da lässt es sich hervorragend diskutieren über die Themen der damaligen Welt, private und geschäftliche Angelegenheiten.

Die Vorliebe für warme Bäder blieb allerdings in der griechischen Gesellschaft nicht ohne Kritik, befürchtete man doch eine Verweichlichung der Männer, die sich in Kriegen bewähren mussten. Vor allem die Spartaner sahen in warmen Bädern eine Gefahr für die Kriegsfähigkeit ihres Staates.

Bereits 305 v. Christus besaß die Stadt Rom die erste große Wasserleitung, genannt “Aqua Appia”. Sogar eine Unterbodenheizung gab es: Diese fand man bei Ausgrabungen der Stabianer Thermen in Pompeji, die am 24. August 79 beim Ausbruch des Vesuvs verschüttet wurden.

Wellnessprogramm in der Antike

Wie darf man sich den typischen Ablauf eines Bades in den Thermen eigentlich vorstellen? Vieles erinnert uns an heutige Wellnessprogramme und wirkt alles andere als altertümlich. Nach dem Ablegen der Kleider, die in abschließbaren Boxen verstaut wurden, wärmten sich die Besucher in einer Art Sportanlage auf. Anschließend ging man in Holzschuhen (um sich durch die Fußbodenheizung nicht die Füße zu verbrennen), mit Badeutensilien und Handtuch in einen Kaltbaderaum, um sich zu waschen. Frisch gereinigt wärmte man sich nun im Warmbaderaum auf, ließ sich von Bediensteten einölen und massieren. Danach ging es wieder in Räume mit trockener oder feuchtheißer Wärme, mit abschließender Erfrischung im Kaltbad.

Die Thermen wurden mit der Zeit immer luxuriöser und größer. So waren die Thermen des Marcus Vipsanius Agrippa, die im Jahre 25 v. Chr. eröffnet wurden, rund 14.500 m² (!) groß und verfügten neben den Baderäumen auch Sport- und Spielhallen, Geschäfte und Lokale. Reiche Römer besaßen auch ein eigenes Badezimmer.

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Mit der Völkerwanderung vor allem germanischer Völker in den Mittelmeerraum zerfiel die römische Badekultur. Das gesamte Wasserleitungssystem wurde zerstört, so dass die Thermen in Rom nicht mehr betrieben werden konnten. Nur im Byzantinischen Reich blieb die Tradition bestehen und wurde später von den islamischen Eroberern in Gestalt des Hammam fortgeführt.

In Europa dagegen galt das Nicht-Baden als Tugend genauso wie das Fasten. Der einflussreiche Kirchenlehrer Augustinus erklärte, ein Bad pro Monat sei gerade noch mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren. Mönche sollten am besten nur vor Ostern und Weihnachten in die Wanne steigen.

Badehäuser im Mittelalter – ein Ort des Vergnügens

Um 1200 lebte in Europa die Tradition der Thermen in Form öffentlich zugänglicher Badehäuser weiter, in deutlich bescheideneren Dimensionen. Wasserleitungen gab es nicht, in den Schwitzbädern übergoss man Kiesel mit heißem Wasser, das vorher über Holzöfen erhitzt wurde.

Sog. “Bader” behandelten die Gäste in kleinen Badestuben mit Bürsten und Laugen. Sie hatten allerdings noch eine andere, delikate Aufgabe: das Anbahnen von amourösen Treffen. Denn die kleinen Badehäuser waren ein Ort der geselligen Zusammenkunft, mit Essen, Trinken und Musik. Männlein und Weiblein saßen meist gemeinsam in Holzbadewannen und kamen sich hier schon zwangsläufig näher.

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Schluss mit lustig

Durch Krankheiten wie die Pest und Kriege zerfielen die Badstuben. Wasser hatte zunehmend einen schlechten Ruf, befürchtet man doch, dass es durch die menschlichen Poren in den Körper gelangte und Bakterien in den Körper wusch. In der Zeit des Rokoko und des Barock war Wasser geradezu verpönt, man rieb sich trocken ab, puderte und parfümierte sich, um die unangenehmen Gerüche zu verdecken.

Erst in der Zeig der Aufklärung spielten hygienische Aspekte des Badens eine immer stärkere Rolle. Auch die Thermen wurden im 19. Jhd. wiederentdeckt, es entstanden Kurorte mit Thermalquellen und Seebädern. 1870 wurde die Waschkommode an fließendes Wasser angeschlossen, Sitzbadewannen mit Kohlefeuerung sorgten für wohlige Wärme.

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Das Bad wird privat

Private Bäder gab es für den Großteil der Europäer erst Anfang des 20. Jahrhunderts. Um 1910 entstand das „Frankfurter Bad“ – ein Konzept für ein Bad in alten Häusern ohne große Umbauten. Dusche oder Badewanne wurden einfach in einer Nische der Küche aufgestellt und mit einem Vorhang vom Raum abgetrennt. Die Toiletten blieben auf halber Treppe oder im Hof, meist mit einem Eimer zur Spülung. Komplette und separate „Nasszellen“ für Wohnungen gab es erst im Bauboom ab 1950. Auf kleinstem Raum wurde die komplette Badezimmerausstattung untergebracht. Der Begriff „Zelle“ kommt demnach nicht von ungefähr…

Design hält Einzug ins Bad

Das Baddesign entwickelte sich mit Designern wie Gae Aulenti oder Andrée Putman ab den 1960er Jahren. Neue Materialien wie PVC, Aluminium oder Plastik kamen in 1970er Jahren auf, ebenso Farben. Besonders en vogue in der FlowerPower Zeit: Braun, Orange, Grün, Pink und Violett. Der Wunsch nach individueller Gestaltung konnte ab 1980 entsprochen werden, mit immer neuen Badserien, die auf den Markt kamen. Heute geht es um mehr als Design. Wichtiger werden ganzheitliche Raumkonzepte und Funktionen, die für mehr Komfort und Nachhaltigkeit sorgen, in einer Welt des permanenten Wandels. Wie wohl die Geschichte des Bades weitergeht, die vor fast 5.000 Jahren begann?